Erbliche Netzhauterkrankungen

„Eine frühe, genaue Diagnose ist wichtig“

Von Nadine Effert · 2020

Porträt: Prof. Dr. Bernhard Weber

Prof. Dr. Bernhard Weber vom Institut für Humangenetik der Universität Regensburg beschäftigt sich seit über 30 Jahren mit den genetischen Ursachen von erblichen Netzhauterkrankungen. Er erklärt, warum und in welchen Fällen eine molekulargenetische Untersuchung sinnvoll ist.

Wozu dient eine genetische Beratung?

Die meisten seltenen Krankheiten sind erblich bedingt, so auch viele Netzhauterkrankungen wie Morbus Stargardt oder Retinitis pigmentosa, bei denen die Sehzellen der Netzhaut nach und nach absterben, wodurch es im Verlauf zu erheblichen Seheinschränkungen bis hin zur Erblindung kommen kann. Anlass für eine humangenetische Beratung kann eine Verdachtsdiagnose sein oder betroffene Familienangehörige, bei denen eine genetisch bedingte Sehstörung vermutet wird. Die Beratung liefert wichtige Informationen über die Erkrankung, hilft Paaren mit Kinderwunsch, das Risiko für ihre Nachkommen besser einzuschätzen und klärt ab, ob eine molekulargenetische Diagnostik angezeigt ist. 

Wie läuft die Beratung konkret ab?

Wir nehmen uns für jede Beratung viel Zeit, um alle Fragen zu klären. Gleichzeitig informieren wir auch über die Möglichkeiten und Grenzen genetischer Untersuchungen. Die Ratsuchenden sollen verstehen, dass ein Gentest kein Muss ist, sondern eine freiwillige, sehr persönliche Entscheidung. Sollten die Ratsuchenden eine Testung wünschen, ist in der Regel lediglich eine Blutprobe für die Untersuchung erforderlich. Sofern medizinisch indiziert, werden die Kosten von den Krankenkassen übernommen.

Was wird bei der molekulargenetischen Labordiagnostik untersucht?

Ziel der Untersuchung ist es festzustellen, ob Veränderungen, sogenannte Mutationen, in einem bestimmten Gen, vorliegen – und wenn ja, in welcher Form – und was der Befund für den Patienten oder das Kind bedeutet. Heute kennen wir für die überwiegende Mehrheit der erblichen Erkrankungen die zugrundeliegende Ursache, also welches Gen oder welche Gene verantwortlich sind. Zum Beispiel wissen wir heute bei den erblichen Netzhauterkrankungen von über 200 Genen, die – falls mutiert – zur Erkrankung führen. 

Welche Vorteile bringt das Wissen?

Mit einer molekulargenetisch gesicherten Diagnose ist ein frühzeitiges Monitoring des Krankheitsprozesses möglich, Komplikationen können früher erkannt und eingegrenzt werden. Die Ursache der Erkrankung zu wissen, bietet die Möglichkeit, die Lebensplanung anzupassen zum Beispiel was eine Frühförderung, die Studien- oder Berufswahl anbelangt. Sie kann auch wichtig für eine optimale medizinische Versorgung sein. Ein echter Meilenstein für Betroffene mit erblichen Netzhauterkrankungen ist heute eine Vielzahl neuartiger Gentherapien, die ein defektes Gen mit einem funktionierenden Gen ersetzen. Hier läuft die patientennahe Forschung gerade auf Hochtouren.

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