Chancengleichheit

Bessere Chancen für alle Kinder

Von Michael Gneuss und Katharina Lehmann · 2019

Mädchen und Jungen in Deutschland haben eine immer bessere Ausgangslage für ein glückliches Leben. Bildung, Wohlstand und Gesundheit nehmen stetig zu. Doch nicht alle profitieren von dieser Entwicklung. Wer aus sozial schlechter gestellten Haushalten kommt, wird von klein auf benachteiligt.

Sich umarmende Kinder lachen in die Kamera
Kinder starten immer besser ins Leben.

In Deutschland leben 13,4 Millionen Kinder und Jugendliche – und sie starten mit immer besseren Ausgangsvoraussetzungen ins Leben. Sie werden in eine sichere und beständige Welt hineingeboren, haben ausreichend zu essen und Zugang zu sauberem Wasser. Sie können eine Schule besuchen und sich in verschiedensten Hobbys frei entfalten. Und sie haben einen immer besseren Zugang zu Medizin und damit bessere Aussichten auf Gesundheit. Ist all das nun aber auch ein Garant für ein glückliches Leben? Und haben alle Kinder in Deutschland die gleichen guten Ausgangbedingungen?

Deutschlands Kinder sind gesund

Klar, Gesundheit ist wichtig. Und Deutschlands Kinder sind relativ gesund – jedenfalls wenn es um die Einschätzung ihrer Eltern geht. Rund 95,7 Prozent der Mütter und Väter schätzen die Gesundheit ihrer Kinder als sehr gut oder gut ein. Das geht aus der jüngsten Untersuchung des Robert-Koch-Instituts zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (KiGGS) aus dem vergangenen Jahr hervor. 

Im Rahmen der KiGGS-Studie wurden aber auch bei jedem fünften Kind Hinweise auf psychische Störungen gefunden. Auffälligkeiten wie Hyperaktivität, emotionale Probleme oder Schwierigkeiten mit Gleichaltrigen sind oftmals große Belastungen für die Heranwachsenden. Allerdings konnten die Forscher auch aufzeigen, dass vielen Menschen mit solchen Schwierigkeiten offenbar geholfen werden kann: Nur etwa die Hälfte der Mädchen und Jungen, die in der ersten Erhebung aus den Jahren 2003 bis 2006 auffällig gewesen waren, zeigten auch im vergangenen Jahr noch dieselben psychischen Symptome auf.

Auch die sogenannten seltenen Erkrankungen, die häufig erblich bedingt sind und das Leben der Kinder oft schwer einschränken, können in Deutschland immer besser behandelt werden. Das liegt an der immer besseren Diagnose, aber auch an der zunehmenden Zahl an Medikamenten, die für seltene Erkrankungen – die sogenannten Waisen der Medizin – entwickelt werden. So haben es laut Verband der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa) im vergangenen Jahr gleich 16 Arzneimittel mit neuem Wirkstoff auf den europäischen Markt geschafft. Zum Teil zielen sie auf Krankheiten ab, für die zuvor noch gar keine Therapie zur Verfügung stand. Auch für dieses Jahr rechnet der vfa mit einigen neuen Medikamenten aus dieser Gruppe.

Untersuchungen zeigen aber auch, dass die Gesundheit in Deutschland stark davon abhängt, in welchem Umfeld die Jungen und Mädchen aufwachsen. „Der Anteil der Eltern, die die allgemeine Gesundheit ihrer Kinder als sehr gut oder gut einstufen, ist umso größer, je höher der Sozialstatus der jeweiligen Familie ist“, schreiben die Autoren in der KiGGS-Studie. Kinder und Jugendliche mit niedrigem sozioökonomischem Status haben öfter psychische Probleme oder sind verhaltensauffällig. Zudem treiben sie seltener Sport, rauchen häufiger, ernähren sich ungesünder und sind häufiger übergewichtig, so die Studie. Das Ergebnis zeige deutlich, wie wichtig Maßnahmen seien, die der gesundheitlichen Ungleichheit in Deutschland entgegenwirken.

Quelle: LBS; Deutscher Kinderschutzbund, 2018

Übergewicht wird zum Lebensrisiko

Gerade das Übergewicht wird zu einem immer größeren Problem in Deutschland. Laut Robert-Koch-Institut ist jedes vierte Kind zwischen 5 und 17 Jahren hierzulande zu dick, neun Prozent der Kinder gelten gar als fettleibig. Die Folgen für die betroffenen Kinder sind gravierend: Übergewicht ist ein Risikofaktor für Diabetes, Bluthochdruck, Nierenprobleme und einige Krebsarten. Manifestieren sich Übergewicht und die daraus resultierenden Krankheiten bis ins Erwachsenenalter, schränken sie die Lebenserwartung erheblich ein. Zudem kann starkes Übergewicht psychische Erkrankungen begünstigen. Denn übergewichtige Kinder sind häufiger Hänseleien und Spott ausgesetzt, die das Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl nachhaltig schwächen und Kinder über lange Jahre belasten können. Häufig ziehen sich die betroffenen Kinder zurück – und kompensieren ihre Sorgen mit noch mehr Essen.

Abhilfe schaffen da gesunde Ernährung und ausreichend Bewegung. Doch gerade daran hapert es in Deutschland. Rund 80 Prozent der deutschen Kinder bewegen sich zu wenig, zeigt das aktuelle Motorik-Modul (MoMo), eine Studie, die Bewegungsgewohnheiten von Kindern in Deutschland untersucht. Demnach verbringen die 6- bis 17-Jährigen pro Tag im Schnitt nur knapp 50 Minuten mit moderater bis anstrengender Bewegung. Gesund wären laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) mindestens 60 Minuten – drei Stunden wären optimal. Und auch in Sachen gesunder Ernährung tun sich viele Kinder und ihre Eltern schwer. Zu verführerisch sind die Verlockungen aus dem Supermarktregal – vor allem, weil die Kleinen immer öfter im Fokus der Werbekampagnen der Lebensmittelriesen stehen. Diese verstehen es aufs Trefflichste, Zucker und Fett geschickt zu verstecken und Kinder nicht nur mit cleverer Werbung, sondern auch mit verlockenden Verpackungen und auf Kindergrößen ausgerichtete Produktplatzierungen auszutricksen.

Elternhaus entscheidet über Bildungserfolg

Die Ungleichheit bezieht sich jedoch nicht nur auf die Gesundheit der Kinder. Mädchen und Jungen aus Bildungsbürgerhaushalten sind auch glücklicher und vor allem besser gebildet, so die zentrale Erkenntnis aus dem „Daten­report 2018“, den die Bundeszentrale für politische Bildung zusammen mit dem Statistischen Bundesamt, dem Wissenschaftszentrum Berlin und dem Sozio­ökonomischen Panel am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung herausgegeben hat. Fazit: Das Aufstiegsversprechen in Deutschland bleibt hohl. So wuchsen im vergangenen Jahr 65 Prozent aller Gymnasiasten bei Eltern auf, die selbst das Abitur oder die Fachhochschulreife abgeschlossen haben. Nur sieben Prozent der Eltern von Gymnasiasten haben lediglich einen Hauptschulabschluss. Umgekehrt ist es bei den Hauptschülern: Mehr als die Hälfte von ihnen lebt mit Eltern zusammen, die auch nur einen Hauptschulabschluss (42 Prozent) oder gar keinen Schulabschluss (14 Prozent) vorweisen können.

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