Angeborene Herzfehler

Politisches Umdenken dringend notwendig

Von Tobias Lemser · 2025

Ob seit Jahren bewährte Injektionsnadeln oder hochwertige Ballonkatheter: Durch die neue Europäische Verordnung für Medizinprodukte droht eine mangelnde Versorgung mit speziellen kindgerechten Orphan Devices. Trotz geltender Übergangsfristen sehen Verbände absoluten Handlungsbedarf.

Ein Baby wird mit einem Stethoskop untersucht
Ein Prozent aller Babys kommt mit einem angeborenen Herzfehler zur Welt. Foto: iStock / Ridofranz

Welches Glücksgefühl kann für werdende Eltern schöner sein, als nach der Geburt ihr Baby in den Armen zu halten? Umso dramatischer, wenn bei den ersten Untersuchungen ein schwerer Herzfehler diagnostiziert wird – ein Defekt, von dem bundesweit rund 7.500 Kinder betroffen sind. Eines von 100 Neugeborenen kommt mit einem Herzfehler zur Welt, was eine anormale Entwicklung der Herzwände, der Herzklappen oder der Gefäße zum und vom Herzen bedeuten kann. Das Gute: Dank des medizinischen Fortschritts können heute über 90 Prozent der betroffenen Kinder das Erwachsenenalter erreichen – mit einem speziell entwickelten Herzkatheter. Ohne diesen Eingriff würden viele Säuglinge die ersten Lebenstage nicht überstehen. Doch auch bei anderen angeborenen Herzfehlern im Kindes- und Jugendalter können altersangepasste Katheter lebensrettend sein.

Weniger Medizinprodukte für angeborene herzfehler?

Angesichts der im Jahr 2017 von der Europäischen Union beschlossenen Medical Device Regulation gerät diese Versorgung nun allerdings in Gefahr. Zwar soll sich mit den einhergehenden Änderungen die Patientensicherheit verbessern. Jedoch drohen – gleichwohl es eine Verlängerung der Übergangsfristen gibt – einschneidende Versorgungslücken. Vor allem in kleinen Mengen gefertigte Nischenprodukte, die nicht häufig Anwendung finden, werden nun für Hersteller noch unattraktiver, sodass insbesondere für herzkranke Kinder so lebensrettende Produkte sukzessive vom Markt verschwinden. Schon jetzt sind zahlreiche Medizinprodukte aufgrund nicht abschließend definierter Zertifikationsregularien nicht mehr erhältlich.

Ausnahmen gefordert

Was aber braucht der Medizinstandort Deutschland jetzt, um gut für die Zukunft aufgestellt zu sein? Unerlässlich, so die einhellige Meinung von Industrie, Patientenvertretungen und Kliniken, ist eine Änderung der Richtlinie. Seit Jahren bewährte Medizinprodukte müssen von den verschärften Regeln ausgenommen werden. Zudem drängen Verbände und Fachgesellschaften darauf, die Entwicklung von Orphan Devices für seltene Erkrankungen vermehrt zu fördern. Temporäre Sonderzulassungen für Nischenprodukte wären eine weitere andiskutierte Option. Denn eines steht fest: Verschwinden diese Orphan Devices weiter vom Markt, wären häufigere risikoreichere Operationen am offenen Herz unausweichlich.

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